Meldung 2215

Mittwoch, 30.01.2019, 0:00 Uhr

aktuell24
"Gehe seit 30 Jahren hier spazieren und noch nie ist etwas passiert!":

Marderhund treibt in Braunschweiger Wald sein Unwesen - Bereits fünf Menschen angegriffen - Ursula Reiff traut sich nicht mehr ins Waldstück: "Zwei Meter vor mir stand es plötzlich auf. Es schoss auf mich drauf und biss mir ins Bein." - Ärzte und Krankenhäuser haben keinen Impfstoff verfügbar und zeigen sich überfordert - Auch Hundehalter Oliver Krämer wird angefallen und erzählt von dem Angriff - Jagdpächter sprechen von völlig untypischem Verhalten und versuchen das Tier aufzuspüren

Reiff hängt Warnschilder auf: Viele Spaziergänger scheuen sich nun davor den Wald zu betreten - Jäger vermuten Krankheit bei dem Tier als Ursache - Ursula Reiff wird von Ämtern und Ärzten hin und her geschickt, da niemand weiß, wo der benötigte Tollwut-Impfstoff lagert - Trotz Wildkameras mit Funksender noch keine heiße Spur - Amateurvideo zeigt Marderhund aus dem Gebiet - Ausführlicher Dreh mit zwei Betroffenen, dem Jagdpächter sowie mehrere Voxpops von Spaziergängern

Eigentlich wirkt er ganz putzig. Wie ein Waschbär auf großen Pfoten ist der Marderhund längst in den Wäldern rund um Braunschweig heimisch geworden. Doch was sich nun ein Artgenosse zwischen den Schunterwiesen und Kralenriede erlaubt, lässt Experten sprachlos zurück. "Dass ein Marderhund so gar keine Scheu zeigt, haben wir so noch nicht erlebt", zeigt sich Jagdpächter Hennig Brandes verwundert.

Wie gefährlich diese Menschennähe werden kann, mussten bereits fünf Spaziergänger unabhängig voneinander schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Einer von ihnen ist Ursula Reiff. Mit ihrem Hund schlenderte sie vergangenen Donnerstag durch den Wald, wie sie es schon seit 30 Jahren macht. Plötzlich sah sie ein Knäuel auf dem Weg liegen. Als sie sich diesem näherte, sprang dieses auf einmal auf. "In dem Moment schoss der auf mich drauf und biss mir ins rechte Bein. Er ist hinterher gerannt und versuchte mich auch von hinten zu beißen", ist Reiff schockiert und zeigt ihre Wunden. Als sie einen Stock aufheben wollte, spürte sie erneut die rasiermesserscharfen Zähne durch den Handschuh in ihre Haut dringen. Erst nach mehreren Tritten ließ der Marderhund von ihr ab.

Gleiches erlebte am Folgetag auch Oliver Krämer. Sein Hund war auf das Tier aufmerksam geworden und als er seinen Vierbeiner zurückrief, nahm das Wildtier die Verfolgung auf: "Ich dachte in dem Moment noch, dass der auf den Hund draufgehen wollte. Aber mein Hund hat den weggebissen und da wurde das Tier immer wilder." Mit seinem Fahrrad kann er die aggressiven Bisse zunächst abwehren, doch einmal kommt der Tanuki durch und trifft den Fuß. 

Sofort geht Krämer zu seinem Arzt, welcher durchaus die Gefahr von Tollwut sieht und entsprechende Impfungen durchführt. Auch Ursula Reiff wendet sich an ihren Hausarzt mit der großen Sorge, möglicherweise mit der tödlichen Krankheit infiziert worden zu sein. Doch statt schneller Hilfe begann nun die nächste Odyssee für die Frau. "Ich habe mich an die Krankenhäuser und das Gesundheitsamt gewandt und wurde hin- und hergereicht." Eigentlich müssten Kliniken einen entsprechenden Impfstoff vorrätig haben. Doch im gesamten Braunschweiger Großraum war dies nicht der Fall. Jeder verwies auf den anderen und die Angst in Reiff wuchs. Am Ende konnte sie einen Arzt auftreiben, der nach langen Recherchen ein Notfalldepot ausfindig machte, von wo das wichtige Serum herbeigeschafft wurde. "Das ist ein großes System von Unwissenheit und Inkompetenz sowie Nichtverantwortung", zeigt sich Reiff schockiert. 

Um ihre Mitmenschen zu warnen, hat sie nun Schilder in dem Waldstück aufgehangen, die auf das gefährliche Tier hinweisen. Viele Passanten nehmen die Warnungen ernst und meiden aktuell das Gebiet. Von Amtswegen kann Reiff derweil keine Unterstützung erwarten. Die Stadt argumentiert gegenüber der Betroffenen und auch in einer Interview-Anfrage, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Tollwut-Ausbruch verschwindend gering sei und Warnhinweise eher für Irritationen in der Bevölkerung sorgen würde. 

Ähnlich sieht das auch Brandes. Er geht eher von einem Ausbruch von Staupe aus, denn anders könne er sich dieses absolut untypische Verhalten nicht erklären. An mehreren Bäumen hat er nun Wildkameras installiert, die ein Live-Bild direkt auf sein iPhone schicken. Sobald eine Kamera anschlägt, rückt er aus und versucht das Tier bejagen. Aber auch abseits von Erkrankungen könne Fehlverhalten des Menschen zu ähnlich gefährlichen Situationen führen, wie der Jagdpächter warnt: "Es gibt Menschen, die einen Waschbär im Garten sahen, das Fenster öffneten und ihn fütterten. Wer die aber einmal gefüttert hat, wird sie nie mehr los."

Sollte man in eine ähnliche Situation wie Reiff oder Krämer geraten, so hat der Experte wichtige Verhaltenstipps: "Hunde sollte man an der Leine führen. Wenn man ein Tier so auf sich zukommen sieht, sollte man den Rückzug antreten. Und wer ein Tier mitten auf dem Weg sieht, sollte die Polizei oder den Jagdpächter rufen. Denn das ist ein ungewöhnliches Verhalten, was nur ein krankes Tier an den Tag legt."

Krank oder nicht, ist Ursula Reiff egal. Sie hofft nur darauf, dass der aggressive Marderhund endlich erlegt wird, damit sie wieder ohne Ängste durch ihr heimisch-vertrautes Waldstück spazieren gehen kann.


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