Meldung 2611

Dienstag, 16.06.2020, 19:14 Uhr

aktuell24
"Haben nur noch Wassermassen gesehen":

Ortsfestes Unwetter setzt Dorf innerhalb kürzester Zeit unter Wasser - Regenrückhaltebecken laufen aufgrund von verstopften Rohren über - Wasser findet seinen Weg in Wohnzimmer von gerade frisch gebackenem Hausbesitzer - Dreckige Brühe breitet sich in Keller einer KfZ-Werkstatt aus - Amateuraufnahmen zeigen Wasser aus Toiletten schießen und Straßen in Seenlandschaft verwandeln

Sichtweiten durch Starkregen von unter 15 Metern - Betroffene nehmen es mit Galgenhumor: "Habe mir nur gedacht: 'Etwas wenig Sand, sonst würde ich mir vorkommen, wie an der Nordsee.'" - Wetter änderte sich laut Feuerwehr von Sommertag in Unwetter binnen weniger Minuten - Weitere Gewitter am Mittwoch angekündigt

Es fing mit einem leichten Donnern an und endete in einer Sintflut. Am frühen Abend öffnete sich der Himmel über Hämelerwald. Was für die Bewohner zunächst wie ein kleines Gewitter wirkte, entwickelte sich zu einem heftigen Unwetter, welches nahezu ortsfest war. Weniger als 15 Meter habe die Sichtweite aufgrund des Starkregens nur noch betragen, berichten die Anwohner spätester.

Nach nur wenigen Minuten stieg das Wasser bedrohlich. "Das kam aus allen Richtungen und auf einmal hieß es, dass es im Keller ist", berichtet Michael Hundt von einer örtlichen Kfz-Werkstatt. Die Kanalisation stieß an ihre Kapazitätsgrenzen, sodass die braune Brühe von unten in die Häuser drückte. In Hundts Betrieb schoss das Wasser förmlich aus den Toiletten und dem Urinal, wie Handyaufnahmen zeigen. Binnen kürzester Zeit stand der Keller mit teils teuren Geräten unter Wasser. Glücklicherweise hielt das Garagentor stand, wo die Fluten bereits einen Meter hoch standen.

Nur einige Meter weiter wohnt Dr. Mustapha El Jarbi, der vor drei Wochen in sein neu gekauftes Haus gezogen war. Vor diesem befinden sich drei Regenrückhaltebecken, die normalerweise bei Unwettern das Wasser auffangen sollten - eigentlich. Denn die Ablaufrohre waren verstopft, sodass die Wassermengen herausflossen und durch den Garten liefen. Über die Gartentür fanden sie schließlich den Weg in die Wohnung und verwandelten das Wohnzimmer in eine Seenlandschaft. "Das hat nur 15 Minuten gedauert. Das war richtig heftig", so El Jarbi.

Und auch Anna Becker traute ihren Augen nicht. Die Hausfrau musste mitansehen, wie Straße und Hofeinfahrt sich in eine Seenlandschaft verwandelte und der ausgestreute Torf davon schwamm. "Unser Carport war ein Bootshaus. Nur unser Auto kann leider nicht schwimmen", merkt sie an, während sie ihr Garteninventar einsammelt. Dennoch nimmt Becker die Sache mit Humor: "Ich habe noch gedacht: 'Etwas wenig Sand, sonst würde ich mir vorkommen, wie an der Nordsee'".

Über 26 Notrufe zählt die Feuerwehr innerhalb weniger Minuten. Überschwemmte Straßen, vollgelaufene Keller und umgestürzte Bäume galt es für die Kameraden abzuarbeiten. Wie viele Keller durch die Anwohner selbst geräumt wurden, ist ungewiss. Vor allem das Tempo, in dem das Unwetter hereinzog, überrascht die Feuerwehr. "Es war schönes Wetter, Sonnenschein und sehr war. Und dann zog es sich urplötzlich zu und es fing an sehr stark zu regnen", berichtet Einsatzleiter Christian Roger-Fechner. Mehrere Stunden waren er und seine Feuerwehrkollegen, die auch aus anderen Stadtteilen zusammengezogen wurden, im Einsatz, um die Schäden dieses Unwetters zu beseitigen.

Auch für Mittwoch werden wieder neue Unwetter erwartet. Dieses Mal soll vor allem der Südwesten betroffen sein. Ob die Vorhersagen eintreffen, lässt sich jedoch nicht sagen. Denn wie in Hämelerwald kann das Wetter auch binnen Minuten umschlagen.


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