Dienstag, 01.03.2022, 15:59 Uhr
Aufruf nach Spenden in den Sozialen Medien wird zum Selbstläufer - Unzählige Spenden treffen in Busunternehmen ein - Helfer beladen die Busse bis zur Obergrenze - Rund 100 Flüchtlinge haben eine Mitfahrgelegenheit nach Deutschland - "Die Hilfsbereitschaft der Leute ist ungebrochen" - "Es fährt ein Pkw nach dem anderen hier vor."
Das Telefon klingelt am Montag bei Martin Schörnig, Juniorchef und Betriebsleiter bei Schörnig Reisen in Hannover. Freunde von ihm von der Diakonie im nahen Ronnenberg sind am Telefon und bitten den Unternehmer um Hilfe. Sie brauchen Busfahrer, denn sie haben vor, Flüchtlinge an der ukrainisch-polnischen Grenze abzuholen und mit nach Ronnenberg zu nehmen.
Sofort ruft Martin den Familienrat bei seinen Eltern ein und alle sind der gleichen Meinung: Wir helfen, aber mit unseren Bussen, das ist wesentlich effektiver als mit Linienbussen von irgendwoher. Nachdem die Entscheidung gefallen ist, fragt der Juniorchef seine Busfahrer ab, die eigentlich schon mit zur Familie gehören. Zusammen sind sie sich einig - wir müssen helfen.
Postings in den Sozialen Netzwerken gehen viral und viele aus Hannover und dem Umland kommen und bringen Spenden noch und noch. Zwar hat keiner der Schörnings vorgaben gemacht, aber die Leute bringen, was gebraucht wird: Kinderkleidung, Medizinprodukte, Schuhe, Plüschtiere, Decken, Mützen, Schals, Babynahrung und sogar Hundeleckerlis, damit die Vierbeiner nicht zu kurz kommen. Seniorchef Klaus Schörning ist komplett gerührt: "Ja, ich finde, wir Menschen müssen uns alle gegeneinander helfen und dann sieht man mal, dass alle auch bereit sind, den Notleidenden zu helfen.“
Am späten Dienstagnachmittag sind die Busse schon gut gefüllt, aber der Strom an Spendern lässt nicht nach. Augenscheinlich kommen sogar noch immer mehr. DAs ist für den Senior sehr wichtig, denn er möchte unbedingt helfen: "Als sechsfache Opa sehe ich die Bilder vor mir, die Mütter mit den Kindern, die an der Grenze auf Weitertransport warten. Und das ist natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, was hier geliefert wird, aber ich glaube, diese Hilfsbereitschaft zeigt schon, dass ganz Deutschland oder die Welt bereit ist zu helfen".
Doch einer Gefahr wollen die Schörnings ihre Mitarbeiter nicht aussetzen. Deswegen kümmert sich der Bruder von Martin auch um geeignete Schlafplätze zu organisieren. Denn dort bleiben die Mitarbeiter dann und die Chefs fahren die Busse weiter bis zur Grenze. Dort laden Sie die Hilfsgüter aus und hoffen auf die Organisationen, die am meisten Ahnung haben, wer am Dringendsten was benötigt. Danach folgt die Einladung an rund 100 Flüchtlinge, sie in die Heimat zu begleiten, wo sie die Diakonie schon erwartet.
Selbst der sonst so resolute Seniorchef ist von der Situation ganz schön mitgenommen, genauso wie viele Spender die kommen. "Unsere größere Tochter hat eben auch einen Freund in der Ukraine und dadurch sind wir halt relativ nah an den Nachrichten dran und hoffen, dass wir bald was von ihm hören. Es macht mich halt einfach total fassungslos, dass es so was in unseren Zeiten überhaupt noch geben kann", so die 52-jährige Maike Jürgensen. Die 35-jährige Inga Zügel sagt unter Tränen: "Na ja, ich habe zwei kleine Kinder und ich könnte den ganzen Tag heulen, es ist schlimm. Na ja, wenn man sieht, dass Babys im Bunker geboren werden und es ist einfach schlimm".
Aber nicht nur Privatleute helfen, auch das Team Energie, welches das Busunternehmen mit Kraftstoff beliefert hat von der Hilfsaktion mitbekommen. Die zuständigen Vertriebsmitarbeiter Adrian Rode und Lisa Franz haben nicht nur auf dem kurzen Dienstweg eine Kraftstoffspende für den Fahrtweg organisiert, sondern auch noch viele, viele Spenden. "Wir haben viele Spenden gesammelt, Hilfsgüter mit abgegeben, mit auf den Weg gegeben, hier gesammelt, dass die Leute vor Ort bei der Diakonie entsprechend versorgt werden können. Das liegt uns allen am Herzen und ist auch unsere Pflicht als Bürger und Unternehmen", so die Vertriebsmitarbeiter.