Donnerstag, 25.08.2022, 19:23 Uhr
Strom- und Gaskosten schnellen in die Höhe - Statt 600 Euro jetzt dann 1.300 Euro -Kosten für Backzutaten, wie zum Beispiel Butter steigen extrem an - Torten- oder Kuchenstücke müssten ab nächstem Jahr dann statt 3,50 Euro um die 7 oder 8 Euro kosten - "Ich bin auch Rentner und acht Euro für ein Stück Kuchen und dann Kaffee, könnte ich mir nicht leisten" - "Wenn das so weiter geht, dann reicht nicht einmal meine Rente"
Ein letztes Mal schließt sich die Türe des Café am Niebelungenplatz im Braunschweiger Siegfriedviertel am Donnerstagabend. Dann öffnet sie sich nur noch, wenn Chefin Nadine Schinn, ihre Familie und ihre Mitarbeiter den Laden ausräumen. Denn die gestiegenen Kosten haben Nadine Schinn zu einem entscheidenden Schritt in ihrem Leben gezwungen: Sie muss ihr heißgeliebtes Café nach knapp 13 Jahren schließen.
Wer vorbei kommt und einen Blick auf das Café am Niebelungenplatz wirft, sieht gut gefüllte Plätze im Außenbereich, Gäste, die mit Genuss ihren Kuchen oder ihre Torte essen und Kaffee trinken. Doch die Idylle trügt, es ist der letzte Nachmittag, an dem die Stammgäste noch einmal bei Nadine schlemmen können. Die Wirtin ist aufgrund der steigenden Kosten gezwungen ihr Café zu schließen. Bereits seit Januar sind die Preise für die Zutaten gestiegen, jetzt kam auch noch eine Strom- und Gaserhöhung von 600 auf 1.300 Euro - zu viel, um den Betrieb so aufrecht zu erhalten.
3,50 Euro verlangt Nadine von ihren Gästen für ein Stück Kuchen oder ein Stück Torte. Mit den gestiegenen Kosten müsste sie ab Januar dann sieben oder acht Euro verlangen, eine Preis, so glaubt sie, den niemand mehr zahlen kann. Der Meinung sind leider auch ihre Stammgäste, die sich jetzt eine neue Bleibe suchen müssen.
"Nein, fünf Euro oder sechs Euro für Kaffee und Kuchen, wenn es so große Stücke sind klar, aber acht Euro wäre mir auch ein bisschen teuer. Auf alle Fälle, wer hat denn das Geld", sagt Rentnerin Christia, die hier seit Jahren den leckeren Kuchen genießt. Auch Ingrid hat sich noch ein letztes Stück Kuchen geholt: "Ich habe nur eine kleine Rente. Ich kann gerade mal ein Stückchen Kuchen oder wenn ich Nachmittag mal hergekommen bin, bezahlen. Nein, acht Euro nicht, nein, also 3,50 Euro, das wäre noch gegangen, aber das andere nicht mehr, leider".
Angesichts der allgemein steigenden Preise sagt Ingrid sogar: "Wenn das so weiter geht, dann reicht nicht einmal meine Rente". Gedanken, die auch anderen Gästen durch den Kopf gehen, während sie ihr letztes Stückchen Kuchen oder Torte genießen. "Was soll ich sagen: schönen Gruß an die Regierung", fasst es Rentner Detlef Burkhardt knapp zusammen.
Verständnis für Nadine ist bei den Stammgästen da, aber traurig sind sie trotzdem. "Ich finde es sehr, sehr traurig, dass sie gehen muss", so Stammgast Günter. "Wir haben uns alle hier sehr, sehr wohl gefühlt", erzählt ein anderer Stammgast, der ebenfalls am Tisch sitzt. "Das ist hier alles die Rentner-Truppe, wir haben uns gerade daran gewöhnt und jetzt müssen wir uns schon wieder etwas anderes suchen", ergänzt Detlef noch.
Chefin Nadine steht nun in Zukunft nicht mehr 16 Stunden im Geschäft, acht beim Bedienen und acht Stunden in der Backstube, sondern arbeitet als Servicekraft bei einem Automobilbauer in der Kantine. Ihr Ärger ist groß, denn eigentlich schließt sie einen florierenden Betrieb: "Es ging fast 13 Jahre richtig gut und jetzt auf einmal, von 10, 15 Torten am Tag gar keine mehr machen zu können oder gar keine zu machen, das ist schon traurig. Mit Gas- und Strompreisen, das schnellt in die Höhe und ja, mich macht es sauer, dass wir aus dem Grund zumachen müssen. Nicht, weil wir nichts zu tun haben, wir haben ja, im Gegenteil, wir haben ja richtig viel zu tun, das macht mich sauer und uns wird halt nicht geholfen".