Meldung 2864

Montag, 27.02.2023 / Dreh: 15.12.2022

aktuell24
Gewartet bis der Öltank leer war:

Viele Kunden haben aufgrund von hohen Energiepreisen (zu) lange mit Neubestellungen von Heizöl gewartet - Ölhändler kommen mit Lieferungen kaum hinterher - Fahrer schieben Extraschichten und werden dafür von frierenden Kunden als Dank umarmt - Kundin räumt ein: "Habe solange gewartet, dass es jetzt zu spät war und ich keine Wahl mehr hatte." - Kunden, die schon vor einigen Wochen teurer bestellt haben und jetzt günstigeren Preis nutzen wollen, stornieren und stehen damit ungeahnt vor einem noch größeren Kostenproblem

Gesunkener Ölpreis und gleichzeitig eisige Temperaturen sorgen für viel kurzfristige Arbeit - Gleich mehrere Kunden in diesem Angebot haben lange Preise verglichen und sind teilweise leer gelaufen - Ölhändler: "Die Telefone stehen teilweise nicht mehr still." - Kunden sind im Ton extrem dankbar: "Man weiß so eine warme Wohnung normalerweise gar nicht zu schätzen." - Wir haben Heizöllieferant Thorsten Appel für einen Tag begleitet

Wenn Thorsten Appel mit seinem Tanklaster um die Ecke biegt, wird seinen Kunden warm ums Herz. Und das nicht nur in bildlicher Sprache gesprochen. Denn in diesen Tagen sitzen immer mehr Hausbesitzer auf dem Trockenen - beziehungsweise im Kalten. Denn aufgrund der hohen Heizölpreise haben viele in diesem Jahr mit ihrer Lieferung im Herbst gewartet und stattdessen versucht zu sparen, wo es ging. Während der September bis November ihnen mit den Temperaturen entgegenkamen, schlug jetzt der Dezember mit voller Härte zu. Mit entsprechenden Folgen für die Hausbesitzer. 

Ilona Busse ist genau das passiert. Die 52-Jährige muss seit einem Tag frieren, da der Heizung das dringend benötigte Saft ausgegangen ist. "Ich dachte gestern, dass meine Wohnung so kalt ist, aber habe nicht daran gedacht, dass das Öl alle ist", erzählt die Frau. Sie habe den Heizungsmonteur gerufen und der konnte die Fehlerquelle mit einem Blick in den Tank rasch feststellen. 

Dank eines 48-Stunden-Lieferservice der Firma Hoyer konnte Busse jedoch bereits nach einem Tag im Warmen sitzen und den elektrischen Heizlüfter, den ihr ihr Heizungsbauer geliehen hatte, wieder ausschalten. Die Hausbesitzerin gibt zu, dass sie aufgrund der hohen Energiepreise die Bestellung aufgeschoben hatte: "Man wartet und hofft, dass sich der Preis beruhigt. Aber ich habe solange gewartet, dass es zu spät ist und ich keine Wahl mehr hatte." Zu dem Ölpreis kommt für den schnellen Service noch eine Expresspauschale oben drauf.

Trotzdem ist klar: Zum Glück steht ihr Thorsten Appel zur Seite. 16.500 Liter hat er heute in seinem Tankwagen dabei, die auf acht Kunden verteilt werden. Zwei davon nutzen den 48-Stunden-Service des Händlers, da sie schlagartig ohne Öl da standen und bei Temperaturen unterhalb der Nullgrad Marke froren. "Es ist spürbar mehr geworden", stellt auch Appel fest. "Wir haben drei bis vier Kunden mehr am Tag, was rund zwei bis zweieinhalb Stunden Arbeit mehr ausmacht." Angesichts teilweise äußerst schwierigen Zufahrten und Erreichbarkeiten der Anschlüsse werde der Job damit noch kräftezehrender als er ohnehin schon ist. "Wenn du 60 bis 80 Meter Schlauch ziehen musst, dann weißt du, was du getan hast", so Appel.

Allerdings gibt es auch jene Kunden, die vor einigen Wochen ihr Öl zu einem vermeintlich günstigen Preis bestellt haben, und nun, wo die Preise noch weiter gesunken sind, versuchen, noch einmal mehrere hundert Euro einzusparen. "Die Zahl der Stornierungen ist nach unseren Erfahrungen jetzt auch wieder höher. Aber das geht eben nicht, denn das Fernabsatzgesetz greift bei Heizöl nicht", sagt Thomas Hartmann, Sprecher des Unternehmens Hoyer. Als Händler würde er zu dem Preis Heizöl von der Börse einkaufen, der zum Zeitpunkt der Kundenbestellung gilt. Fällt der Preis, muss der Kunde in den sauren Apfel beißen. "Sollte er dennoch stornieren, dann müssen wir die Differenz zwischen dem damals vereinbarten Preis und dem heutigen dem Kunden in die Rechnung stellen. Damit hat er auch nichts gewonnen", macht Hartmann klar.

Für Fachanwalt Arne Ritter ist die Sache nicht ganz so deutlich. Denn während der Bundesgerichtshof 2015 entschieden hat, dass Kunden ein Widerrufsrecht bei Öllieferungen haben, da es sich um kein Spekulationsgeschäft handelt, sieht der europäische Gesetzgeber dies anders. Ein eindeutiges Gesetz gibt es nicht, womit auch nichts klar geregelt ist, was auch die Erfolgsaussichten bei einer Klage schwierig macht, einzuschätzen. "Das Prozess- und Kostenrisiko ist hoch. So einen Schritt sollte man nur mit einer entsprechenden Rechtsschutzversicherungen begehen", so Ritter.

Doch für Thorsten Appel ist das sowieso nebensächlich. Denn er erfährt gerade bei seiner Arbeit vor allem Dankbarkeit. Und das, obwohl die Preise im Vergleich zum Vorjahr massiv angezogen haben. "Neulich hatte ich ein Erlebnis, dass ich einer alten Dame Öl gebracht habe. Und sie ist mir um den Hals gefallen und hat sich bedankt. Und solche Situationen gibt es immer mehr."


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